Vorwort

In der Nachhaltigkeitsbewegung suchen viele Menschen nach Antworten. Wo sie auch hinschauen, ökologische Katastrophen: Globale Erwärmung, Anstieg der Meeresspiegel, Überfischung, Plastikmüll in den Weltmeeren, Artensterben, Abholzung der Tropenwälder, Überdüngung, Massentierhaltung. All das ist seit Langem Realität. Die Problemanalysen ähneln indes verblüffend denen der 1970er Jahre. Der Klimawandel war seinerzeit zwar noch nicht als Problem erkannt. Die damaligen Beobachtungen lassen sich gleichwohl ohne Weiteres auf unsere Zeit übertragen. Das gilt auch für den Suffizienzdiskurs, der mittlerweile eine Renaissance erlebt. Manchmal wird dabei der Eindruck erweckt, man habe eine neue Entdeckung gemacht. Wer aber einen Blick in Ivan Illichs Standardwerk »Selbstbegrenzung« von 1980 wirft oder die dreiseitige Abhandlung »Die Vier E’s« von Wolfgang Sachs aus dem Jahr 1993 liest, wird feststellen: Weder die Diagnose noch die Therapievorschläge haben sich nennenswert geändert.


Von neuen Büchern erhoffen sich viele Leser neue Lösungen. Leider zählt es zu den unangenehmen Wahrheiten, dass es kaum noch neue Lösungskonzepte gibt. Doch bei der nachhaltigen Entwicklung geht es genau genommen auch nicht um die Entdeckung einer bahnbrechenden Patentlösung. Denn eigentlich wurde schon alles gesagt – aber sehr vieles noch nicht getan.


Das festzustellen ist jedoch kein Anlass, nun für immer zu schweigen. Tatsache ist nämlich auch: Veränderungen finden statt, sie fallen aber nicht vom Himmel. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau kam nicht von heute auf morgen in die Welt, weil die Männer plötzlich vernünftig wurden. Es lag auch nicht daran, dass jemand eine neue Strategie vorgelegt hat. Frauen haben sich die Rechte, die heute selbstverständlich sind, erkämpft. Generationen haben an diesem Prozess der Veränderung. Der Schlüssel ist Beharrlichkeit. Und ein langer Atem.
Selbst kleine Veränderungen brauchen mitunter viel Zeit. Die Idee der ökologischen Steuerreform wurde Jahrzehnte diskutiert. Die Umsetzung war nur möglich durch das anhaltende Engagement von Menschen aus Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft. Nicht anders ist es bei den Erneuerbaren Energien. Ihr Boom begann erst vor wenigen Jahren, darauf hingewirkt haben Vordenker wie Hermann Scheer allerdings schon lange zuvor.


Dieses Buch gibt nicht vor, eine revolutionäre Entdeckung zu präsentieren. Eines ist aber doch neu: »Ökoroutine« drückt sich nicht vor unbequemen Botschaften. Der sofortige Stopp für den Neubau von Straßen, die Begrenzung der Fliegerei oder auch der Agrarwendefahrplan, die hier vorgeschlagen werden, gelten als radikal, ja sogar utopisch. Doch wenn wir darüber schweigen, machen wir uns etwas vor. Klimaschutz und Ressourcengerechtigkeit lassen sich nicht nebenbei mit einigen technischen Neuerungen erledigen. Vor uns steht ein tiefgreifender gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Wandel. Ökoroutine macht klar: Wir können das schaffen, wenn wir uns Zeit geben und den Bezugsrahmen schrittweise verändern, wenn wir uns Gelegenheitsstrukturen schaffen. Im Mittelpunkt dieses Buches steht deshalb die Therapie, nicht die Diagnose. Ökoroutine nimmt den sozial-kulturellen Wandel in den Blick, nicht die Technik. Es geht um konkrete Maßnahmen, nicht um ferne Ziele. Ökoroutine gibt die Hoffnung nicht auf, dass geschehen kann, was geschehen muss. Damit wir tun, was wir für richtig halten.