Wirtschaftsförderung 4.0

Dieses Buch macht Öko zur Routine, auch in der kommunalen Wirtschaftsförderung. Ökoroutine und Wirtschaftsförderung, das klingt zunächst wie ein Widerspruch. Schließlich ist Wachstum eines der zentralen Ziele der Wirtschaftspolitiker in den Städten und Gemeinden. Doch die Abhängigkeit von Wachstum und Export kann sich zu einem bedeutenden gesellschaftlichen und ökologischen Problem entwickeln. Ob sich die Ziele des Klimaschutzes bei weiterem Wirtschaftswachstum erreichen lassen, ist bislang eine offene Frage.


Wie sieht eine Wirtschaft aus, die nicht oder nur noch bedingt am Wachstum hängt? Das weiß niemand so genau. Die Wirtschaftsförderung 4.0, die hier vorgeschlagen wird, fördert regionale und kooperative Wirtschaftsformen sowie besonders Unternehmen die der Daseinsvorsorge und dem Gemeinwesen vor Ort dienlich sind. Diese Strategie mindert die Wachstumsabhängigkeit.
Die klassische etablierte Wirtschaftsförderung fokussiert sich zumeist auf gewerbliche Unter-nehmen. Sie soll gewerbesteuerliche Einnahmen und Arbeitsplätze sichern und möchte daher Wettbewerbsfähigkeit, Innovationskraft und Wachstum begünstigen. Zuweilen bemüht sie sich auch um die sogenannte Kreativwirtschaft. Daraus ergibt sich eine direkte Überleitung zur Wirtschaftsförderung 4.0 – kurz: WF4.0.


Die Wirtschaftsförderung 4.0 ist eine Ergänzung der bestehenden Wirtschaftsförderung und entwickelt Gegenstrategien zu den in Kapitel 1 und 2 beschriebenen Bremsfaktoren. Sie möchte den Wachstumszwang und die Exportabhängigkeit einer Region lindern. Sie fördert die Nachfrage, verstärkt die Wertschöpfung vor Ort Schritt für Schritt und verkürzt damit die Transportwege. Firmen und Arbeitsplätze bleiben erhalten oder werden neu geschaffen. Die WF4.0 richtet sich gegen Wettbewerbsdruck, niedrige Löhne, Stress am Arbeitsplatz und verschwenderischen Umgang mit Ressourcen. Sie stärkt die Nahversorgung statt den Export.


Die Wirtschaftsförderung 4.0 ist Treiber für soziale Innovationen, zivilgesellschaftliche Eigeninitiative und Partizipation. Sie stärkt die soziale Stabilität, gemeinsame Werte und den sozialen Zusammenhalt. Das ist gut für die Widerstands- und Anpassungsfähigkeit von Individuen und Gruppen  und für eine zukunftsfähige Wirtschaft.

Damit ökologisches Wirtschaften zur  Routine wird, gibt es das das Konzept »Wirtschaftsförderung 4.0«. Es beinhaltet eine systematische Stärkung von regionaler Wertschöpfung und kooperativen Wirtschaftsformen.
Damit ökologisches Wirtschaften zur Routine wird, gibt es das das Konzept »Wirtschaftsförderung 4.0«. Es beinhaltet eine systematische Stärkung von regionaler Wertschöpfung und kooperativen Wirtschaftsformen.

Moderne Ansätze kooperativen Wirtschaftens gibt es schon seit Jahren. Viele Menschen suchen nach Tätigkeiten, die vor Ort wirksam sind und einen unmittelbaren Bezug zur eigenen Lebenswelt haben. Regionalgeld, Tauschringe, Repair-Cafés, Tauschläden, Soziale Kaufhäuser, Leihsysteme, Stadtgärten, Solidarische Landwirtschaft, das alles hat Konjunktur und basiert zumeist auf ehrenamtlichem Engagement. Systematische kommunale Förderkonzepte – etwa im Rahmen der Wirtschaftsförderung – fehlen bislang jedoch.


Die politischen Entscheidungsträger nehmen die Entwicklung zwar mit Interesse und Wohlwollen zur Kenntnis, sehen aber noch nicht so recht ihre Verantwortung und ihre Rolle beim kooperativen Wirtschaften. Dabei sind hier erhebliche gesellschaftliche Potentiale zu heben. Neue ökonomische Strukturen entstehen, die dem allseits geforderten Leitbild der Nachhaltigkeit entsprechen. Doch selbst wenn sich kommunale Wirtschaftspolitiker die Stärkung von regionalen Wertschöpfungsketten, Gemeinwohlwirtschaft und zukunftsfähigen Unternehmen zum Ziel setzen, erschöpft sich ihr Vorgehen oft nur in Einzelmaßnahmen, statt eine konsistente Strategie zu verfolgen.


Die Zeit ist reif, ein Handlungskonzept zur systematischen Förderung von kooperativen Wirtschaftsformen in Kommunen zu entwickeln. Dieses Konzept wird hier als »Wirtschaftsförderung 4.0« bezeichnet – ein Kunstbegriff in Anlehnung an das »Zukunftsprojekt Industrie 4.0«, mit dem die Bundesregierung die Digitalisierung der Industrie fördern will.
Wirtschaftsförderung 4.0 ist ebenfalls ein Zukunftsprojekt. Erste Vorüberlegungen finden sich in diesem Kapitel. Der Kern ist jedoch eine sozial-kulturelle »Hightech-Strategie«. Ihr Ziel ist die systematische Ausweitung von kooperativen Wirtschaftsformen und die methodische Stärkung der Regionalwirtschaft. Pointiert ausgedrückt: Das WF4.0-Konzept sorgt dafür, dass eine Lasagne in Zukunft so weit als möglich in der Region hergestellt werden kann.