Von allein wird sich der Ökolandbau nicht durchsetzen. An der Ladentheke können die Bürgerinnen und Bürger tagtäglich über das Wohl und Wehe der naturverträglichen Landwirtschaft entscheiden. Doch nur gut vier Prozent der konsumierten Lebensmittel sind in Deutschland Bio, in Dänemark sind es fast acht und in Österreich immerhin sechseinhalb Prozent. Die Umstellung auf verantwortungsvolle Anbaumethoden steckt noch in den Anfängen.
Die Bundesregierung hat für den Anteil des Ökolandbaus an der Landwirtschaft eine Ziel-marke von 20 Prozent bis zum Jahr 2020 formuliert. Erreicht wurden bislang erst gut acht Prozent.
Ginge der Wandel weiterhin so schleppend voran, werden die 20 Prozent erst im Jahr 2070 erreicht. Das ist zu langwierig. Zu viele Faktoren bremsen den Transformationsprozess zur
nachhaltigen Landwirtschaft aus: Gewinnstreben, Wettbewerb, fehlgeleitete Sub-ventionen und die Gewöhnung der Konsumenten an zu billige Lebensmittel.
Die Naturbewusstseinsstudie der Bundesregierung hat ermittelt, das sich eine überwältigen-den Mehrheit der Bundesbürger strengere Regeln und Gesetze für die Landwirtschaft wünscht. Statt sich mit den einzelnen Bremsfaktoren aufzuhalten und nach jeweiligen Ge-genmaßnahmen zu suchen, ist Ökoroutine als systemischer, durchgreifender Ansatz zielfüh-render; damit wir tun, was wir für richtig halten.
Notwendig ist lediglich die weitere Begrenzung des Eintrags von Pestiziden und Düngemit-teln. Das Regelwerk ist bereits vorhanden. Schon heute schreibt die Europäische Union den Landwirten detailliert vor, welche Grenzwerte einzuhalten sind. Ein Fahrplan für die Agrar-wende müsste nur noch vorgeben, in welchem Ausmaß und Zeitraum der Einsatz von Un-krautvernichtungsmitteln und Dünger zu reduzieren ist. Das kann eine großzügige Zeitspanne sein, etwa bis zum Jahr 2030.
Ergebnis: Bio für Alle! Die Zweiklassengesellschaft am Mittagstisch ist zumindest in Hin-blick auf Ökoessen Geschichte. Wettbewerb und Gewinnstreben wird und kann es weiterhin geben, nur die Wirkrichtung hat sich geändert. Auch Subventionen werden noch erforderlich sein, um beispielsweise die Weidewirtschaft in den Alpenregionen aufrecht zu erhalten.
Von der Agrarwende werden alle profitieren: die Konsumenten, die nächsten Generationen, die Krankenkassen, ja selbst die Landwirte und die gesamte Volkswirtschaft. Denn die Erzeu-gung von Bioprodukten erfordert einen etwas höheren Arbeitseinsatz. Rund 90 000 Arbeits-plätze könnten beispielsweise in Frankreich entstehen, stiege die Zahl der Biobauern dort auf neun Prozent. Zur Zeit werden nur vier Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Frankreichs ökologisch bewirtschaftet. Das Plus bei der Beschäftigung kompensiert etwaige Umsatzein-brüche im Export von Getreide und Fleisch in Länder außerhalb der Europäischen Union. Dieser Effekt ist durchaus gewünscht, schließlich ist die Verschiffung von subventionierten Lebensmitteln auf andere Kontinente ökologisch schädlich und moralisch fragwürdig, wenn in ärmeren Ländern dadurch die lokalen Märkte zusammenbrechen.
Die Agrarwende ist ganz einfach. Bis zum Jahr 2030 werden die bestehen- den Standards schrittweise angehoben. Beim Auslauf für Legehennen gab es schon einige kleine Fortschritte. Heute haben sie doppelt so viel Auslauf wie 2003 (seit 2010 sind 800 cm2 erreicht). Bis zum Standard der Boden- oder gar Ökohaltung ist es also gar nicht mehr weit.