Vor einigen Jahren hatte ich ein Erweckungserlebnis. Damals war ich im Aufsichtsrat der Stadtwerke Osnabrück und der Geschäftsführer hat uns erzählt, was die Unterhaltung der Gasleitungen jährlich an Kosten verursacht.
Regelmäßig werden Straßen aufgebuddelt, um Gasleitungen zu sanieren. Viele Millionen kommen da Jahr für Jahr zusammen. Zugleich war schon lang vor der Ukrainekrise klar, dass es mit dem Gas so
nicht weitergehen kann. Also zumindest, wenn man das Thema Klimaschutz nicht ignorieren möchte.
Seit ich mich für den Klimaschutz engagiere, waren Kohle und Öl böse. Gas hingegen hatte gewissermaßen ein Öko-Image. Der Staat hat effiziente Gasbrennwertthermen gefördert und man war
progressiv, wenn man beim Heizungstausch auf diese Technik umgestiegen ist.
Und nun, quasi von heute auf morgen gilt das alles nicht mehr? Ja, so ist es. Noch schlimmer, Gas war nie öko. Die Zeit spricht gar von der Gaslüge. Aber das nur am Rande.
Zurück zu den Kosten für Erhaltung und Unterhaltung des Gasnetzes. Ich habe damals die Geschäftsführung gefragt, wie man denn damit umgehen wolle, wenn bald überall Wärmepumpen installiert
werden, ja müssen. Irgendwann würden die Gasleitungen ja extrem teuer, für die kontinuierlich schrumpfende Gruppe mit Gasanschluss.
Es müsse doch das Ziel sein, den Rückbau des Gasnetzes systematisch zu betreiben. Die Stadtwerke haben daraufhin, relativ frühzeitig eine kommunale Wärmeplanung beauftragt. Zum Glück deutlich vor
der Welle. Denn heute wollen natürlich alle Kommunen ein solches Konzept. Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet.
Aber eigentlich müssen Deutschlands Stadtwerke nicht auf ein tolles Konzept warten. Sie wissen selbst ganz genau, welche Leitungen marode sind und in den nächsten zehn Jahren zur Sanierung
anstehen. Und genau hier ist es, wo die Stadtwerke systematisch ansetzen müssen, um eben die Sanierung von Leitungen zu vermeiden und stattdessen die angeschlossenen Haushalte auf alternative
Wärmekonzepte umzustellen. Das wird nicht von alleine gehen. Hier sind die Politikerinnen und Politiker und die Vorstände der Energieversorger vor Ort gefordert.
Die Stadtwerke Mannheim haben ihren Kunden schon 2021 klar
gesagt, dass sie ab 2035 kein Gas mehr liefern werden. Dort wissen die Menschen also woran sie sind. Nur wenige Stadtwerke sind so einsichtig und offen gegenüber ihren Kunden.
Manche verdrängen mehr oder weniger das Problem und hoffen darauf, ihr kostbares Gasnetz später für Wasserstoff zu verwenden. Heizen mit Wasserstoff dürfte allerdings mindestens siebenmal teurer
sein, als mit der Wärmepumpe. Die FDP hat mit ihrem Geschwurbel über Technologieoffenheit und tolle Innovationen, welche irgendwann bestimmt kommen werden, die Menschen schwer verunsichert –
ebenso wie beim E-Auto.
Es ist dabei viel billiger, den Haushalten eine extra Portion Geld für die Umstellung auf Wärmepumpen zukommen zu lassen, als eine marode Leitung zu sanieren. Tun die Energieversorger das
trotzdem, setzen sie Investitionen in den Sand. Stranded Assets nennt man das.
Zurzeit verhalten sich viele Stadtwerke beim Thema Gas, wie die Automobilindustrie beim Elektroauto. Zu viele Jahre hat man Klimastandards bekämpft, die Herausforderung verdrängt. Und nun kommt
es ganz dick.
Ich verstehe ja, dass Kommunalen Energieversorger sehr unglücklich mit der Situation sind, dass die Milliarden Investitionen in ihre Gasnetze in den nächsten 20 Jahren überflüssig sein werden.
Aber den Kopf in den Sand stecken und einfach weitermachen ist keine Lösung, sondern Kapitalvernichtung.