Nicht konsumieren ist so anstrengend

 E. Kopp  / pixelio.de
E. Kopp / pixelio.de

Ich habe ein überdurchschnittliches Einkommen und kann mir daher viele schöne Dinge leisten. Ich möchte aber eher wenig konsumieren. Mir zum Beispiel erst einen neuen Fernseher kaufen, wenn der alte kaputt ist. Leider tut mir das Gerät nicht den Gefallen. Auch nicht mein Handy und erst recht nicht die Kochtöpfe, die ich mal zur Studienzeit zusammengesucht habe. Stahl ist verdammt langlebig. Und Töpfe wegschmeißen, nur um etwas mehr Ästhetik in die Küchen zu bringen? Besonders öko ist das nicht.


Um ehrlich zu sein, oft scheitere ich an meinem Anspruch, überflüssige Gerätschaften nicht zu kaufen. Jahrelang habe ich mit der »Topf-Frage« gerungen. Und am Ende doch ein schönes Set gekauft. Und ich bekenne: ein Handy habe ich nie noch nie länger als dreieinhalb Jahre genutzt.


Mein aktuelles Smartphone ist jetzt gerade zwei Jahre alt, das Display ist beschädigt und der Tausch wäre teurer als ein Neukauf. Es funktioniert noch einwandfrei. Regelmäßig ziehe ich einen Neukauf in Erwägung. Und jedes Mal muss ich mir sagen: Nein, Michael, schon nach zwei Jahren wieder eins kaufen, das geht gar nicht. Das ist überhaupt nicht vorbildlich. Warum fällt es mir bloß so schwer, etwas nicht zu kaufen? Ich bewundere Leute mit sechs Jahre alten Mobiltelefonen. Wie genügsam! Mein nächstes Gerät wird zumindest so konzipiert sein, dass der Austausch von Display und anderen Komponenten langfristig und zu überschaubaren Preisen möglich ist.


Nun ja. Immerhin habe ich das Glück, freiwillig auf Konsum verzichten zu können. Das fühlt sich besser an als Verzicht aus Not.


In meinen Veröffentlichungen fordere ich, dass man höhere gesetzliche Standards für die Haltbarkeit von Elektrogeräten bräuchte. Für eine Waschmaschine zum Beispiel wäre eine 10-Jahres-Garantie sinnvoll. Ein Teil der Wahrheit ist aber, dass die Leute es oft gar nicht abwarten können, etwas Neues zu kaufen. Die neuen technischen Möglichkeiten sind einfach zu verlockend.


Meine größte Herausforderung beim Konsum ist also nicht, das richtige zu kaufen, sondern etwas nicht zu kaufen. Ich finde das offen gestanden unglaublich anstrengend.


Ein Ausweg sind neue alte Sachen. Ich kann den alten Fernseher verkaufen oder verschenken und mir ein gebrauchtes, aber neueres, besseres Gerät kaufen. Da ist es dann auch gut, wenn sie lange halten. Es ist ein Beitrag zur Nachhaltigkeit, alte Geräte nicht im Keller verrotten zu lassen, bis sie keiner mehr haben will.


Mein alter Traum ist eine glitzernde Espresso-Maschine. Mein Bruder hat so eine chromierte Siebträger-Maschine. Blitzt und glänzt, sieht super aus und der Espresso ist echt lecker. »Will ich auch!«, dachte ich mir bei jedem Besuch. Immerhin das habe ich abgehakt und damit meinen Frieden gemacht. Keine Espressomaschine, kein praktischer Vollautomat. Ich lasse es bei der Kanne. Ich emanzipiere mich vom »immer mehr«. Fühlt sich gut an.

p.s.:
Wer weniger konsumiert spart Geld. Da stellt sich die Frage, was geschieht damit? Am besten man reduziert seine Arbeitszeit und investiert die gewonnene Zeit in Erlebnisse. Dazu raten alle Glückratgeber.