Mitgefühl

Wer meint, ich habe etwas gegen Autos, liegt falsch. Ich habe Mitgefühl. Mit den Menschen, an lauten Straßen, mit den Eltern, deren Kinder auf der Straße einen schweren Unfall hatten und besonders mit den Eltern, deren Kind im Straßenverkehr gestorben ist, die zuversichtlich ihren Kindern das Fahrradfahren beigebracht haben. Und ihr Kind im Alter von zwölf Jahren verloren haben. Ich habe bei meinen Freunden mitbekommen, was das bedeutet. Vor Kurzem starb ein Student mit 28 Jahren, später eine Mutter von zwei Kindern acht und zehn Jahre alt. Beide wurde vom Lkw übersehen. Das geschah, weil der flüssige Autoverkehr wichtiger war, als die Sicherheit von Radfahrenden.


Und mir wird komisch bei dem Gedanken, wie wir immer noch Landschaften zerschneiden und zerstören. Und was für eine zerstörte Natur wir den Kindern unserer Kinder überlassen. Weil wir gedacht haben, viele Straßen und viele Autos bedeuten Wohlstand. Weil viele Menschen meinten, dass das etwas Gutes sei, nicht nur für uns, sondern auch für die nächsten Generation. Aber das Gegenteil ist der Fall.


Inzwischen gibt es nur wenige Bereiche in Deutschland, wo man keinen Verkehrslärm hört. Das ist zumindest in urban Regionen zur Seltenheit geworden. Mehr Verkehr ist verkehrt.


Und ich frage mich, wie ich meinen Enkel erzählen soll, dass sich in ihrem Essen riesige Mengen Micro Plastik befinden. Ein Großteil davon wird durch Reifenabrieb verursacht. Wir wussten das, haben aber nichts daran geändert. Einfach weiter gemacht, nur halt mit Elektroautos.


Ich habe nichts gegen Autos, aber etwas gegen 50 Millionen Privatautos, ich nenne sie Intimautos. Denn eine Ursache des Problems ist, dass jeder meint, ein eigenes Auto besitzen zu müssen; ich habe ein Problem damit, dass wir nicht intelligent genug sind, unsere Autos gemeinsam zu nutzen, selbst wenn es noch so perfekt organisiert ist, selbst wenn es günstiger ist, wenn es einfacher ist.


Stellen wir uns vor, dass nur ein Viertel der Autobesitzenden in Deutschland, von ihrem Intimauto zu Carsharing wechselt. Stellen wir uns weiter vor, dass für jedes abgemeldete Auto, ein Baum gepflanzt würde oder eine hochwachsende Hecke oder Sitzmöglichkeiten mit Blumen- und Kräuterbeeten errichtet würden.


In den Städten käme es zu einer enormen Entlastung der Menschen: weniger Lärm, weniger Unfälle, weniger Verletzte, weniger Micro Plastik. Mehr Grün, Aufenthalt und Lebensqualität nicht nur für Reiche. Das ist meine Vision.
Für mich ist das eine wunderbare Vorstellung, bei der Niemand benachteiligt wird und alle weiterhin die Vorzüge und die Freiheiten des Autos genießen können.

War über Jahrzehnte nicht möglich, laut Einschätzung der Verkehrsplaner: Eine abgetrennte Spur für Radfahrende. Viele Menschen starben. Geändert hat sich nichts, weil man den »Verkehrsfluss« nicht zu stark beeinträchtigen wollte. Dann war es doch möglich.
War über Jahrzehnte nicht möglich, laut Einschätzung der Verkehrsplaner: Eine abgetrennte Spur für Radfahrende. Viele Menschen starben. Geändert hat sich nichts, weil man den »Verkehrsfluss« nicht zu stark beeinträchtigen wollte. Dann war es doch möglich.