Automann wird grün

Ein Freund arbeitet in der Autoindustrie und hält nicht viel von E-Autos. Jetzt kommt heraus, dass er offenbar seit Jahren die Grünen wählt - die Kolumne „Öko-logisch.“

Mein Freund Paul arbeitet in der Automobilindustrie. Seine Firma produziert Ölfilter. Diese werden irgendwann einmal kaum noch für Autos gebraucht. Das Unternehmen muss nun neue Geschäftsfelder erschließen, um zu überleben.

Mit Paul haben ich viele Jahre über die Zukunft des Automobils diskutiert. Einmal hielt er mir eine (längst überholte) Studie unter die Nase, wonach das E-Auto für das Klima schädlicher sei als die Dieselstinker. Wie die gesamte Branche hat er sich an jedem Strohhalm festgehalten und den Veränderungsdruck verdrängt.

Vor unserem nächsten Treffen hat er angekündigt, es gebe Neuigkeiten. Ich war gespannt wie Flitzebogen. Keine Ahnungen, was das sein könnte. Dann die Überraschung: Paul ist nunmehr Mitglied bei den Grünen!

 

Darauf wäre ich nicht gekommen. Ein Automann wird grün? Nun, ich kann gar nicht sagen, dass er sich gar nicht für Umweltschutz interessiert hat. Aber insgesamt, konnte man nicht den Eindruck gewinnen, dass das Thema Klimaschutz einen großen Stellenwert in seinem Leben hat.

 

Ehrlich gesagt habe ich mich auch nie wirklich gefragt, welche Partei mein Freund in der Regel wählt. Offenbar war das in unseren Gesprächen nicht offensichtlich. Klimaschutz fand er immer wichtig, grüne Politik hat er kritisch hinterfragt. Er hätte also auch dem grünen Flügel der CDU angehören können.

 

Aber nun kommt raus, er habe eigentlich schon immer grün gewählt. Aha. Und warum jetzt die Mitgliedschaft in der Partei? Immer liegt der Mitgliedsbeitrag in der Regel bei ein Prozent des Nettoeinkommens. Seine Begründung hat mich beeindruckt. Er sähe seinen Eintritt als Statement gegen die aggressive „alle gegen Grün“ Stimmung. Dass Friedrich Merz die Grünen zum Hauptgegner erklärt habe, sei ein fataler Fehler gewesen. Der Hauptgegner sei die AfD. Dass die Grünen Reformer von allen Seiten angegriffen würden, fand er gefährlich. Insbesondere die persönlichen Angriffe auf grüne Politiker, etwa indem man ihnen den Weg versperrte.

 

Jetzt sei die Zeit Farbe zu bekennen. Statt über Grüne und grüne Politik zu schimpfen, sollten Menschen, die den Wandel in eine zukunftsfähige Wirtschaft gestalten wollen, Unterstützung erfahren. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dem Paul ein Mitgliedsformular der Grünen auszuhändigen. Musste ich auch nicht. Er ist von ganz allein darauf gekommen.