Verkehrsminister BrummBrumm will mehr Straßen. Für was eigentlich?

Bund, Länder und auch Städte treiben den Straßenbau weiter voran. Milliarden Steuergelder werden in die zukunftsfeinliche Zerstörung von Landschaft investiert. Die Verlängerung der A100 in Berlin um drei Kilometer etwa, kostet an die 500 Millionen Euro.
Bund, Länder und auch Städte treiben den Straßenbau weiter voran. Milliarden Steuergelder werden in die zukunftsfeinliche Zerstörung von Landschaft investiert. Die Verlängerung der A100 in Berlin um drei Kilometer etwa, kostet an die 500 Millionen Euro.

 

Seit der Wende haben die Deutschen ihr Straßennetz um 40 Prozent ausgebaut. Allein im Jahr 2019 kamen 61 Kilometer neue Autobahnen und 122 Kilometer neue Bundesstraßen hinzu. Das Schienennetz hingegen hat man um 20 Prozent zurückgebaut. Gut ausgebaute Straßen sind attraktiv für Logistiker und Pendler. In der Folge wächst der Verkehr kontinuierlich, ebenso wie die Zahl der Last- und Personenkraftwagen. Inzwischen gibt es über 48 Millionen Pkw, 2005 waren es noch 40 Millionen.

 

 

 

Die Klimabilanz im Sektor Verkehr ist dementsprechend katastrophal. Das Ziel der Bundesregierung war, die CO2-Emissionen um 40 Prozent bis zum Jahr 2030 zu reduzieren. Erreicht hat man bisher quasi nichts. Das Wachstum hat alle Effizienzgewinne bei den Kraftfahrzeugen kompensiert. Oder anders gesagt: Die »technologische Offenheit« hat keine Reduktion bewirkt. Wir haben es mit einem verkehrspolitische Totalversagen zu tun.

 

 

 

Dem Bundesverkehrsministerium und seinem Minister scheint all das ziemlich wurscht zu sein. Statt etwas gegen die generationenfeindliche Entwicklung in ihrem Verantwortungsbereich zu unternehmen, gelingt es der FDP, das Sektorziel auszuhebeln.

 

Die Bereiche Landwirtschaft oder Gebäude sollen für das Versagen des Verkehrsministeriums aufkommen. Man hat vor, ein würdeloses System der organisierten Unverantwortlichkeit zu installieren, in dem sich die Minister gegenseitig die Schuld zuweisen.

 

 

Als wäre all das nicht schlimm genug, ist das erklärte Ziel, Auto- und Bundesbahnen mit aller Dringlichkeit auszubauen, die A3 etwa von drei auf vier Spuren. Mehr Straßen führen in der Regel zur Beschleunigung, damit werden Neu- und Ausbauen auch begründet. Beschleunigung wiederum führt zu mehr Verkehr, das ist ein vielfach nachgewiesener Effekt. Mehr Verkehr ist schlecht für Klima.

 

 

 

Was ist das Ziel der Asphaltierungspolitik? Oder allgemeiner gefragt: Was ist das Ziel des Wirtschaftens? Na ja, im Kern geht es darum, dass es den Menschen gut geht oder besser geht. Der Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen wird die Menschen nicht glücklicher oder zufriedener machen. Das Gegenteil ist nachweislich der Fall. Dreiviertel der Bevölkerung beklagt sich über den Auto- und Lkw-Verkehr etwa im Wohnumfeld oder über verlärmte Landschaften.

 

 

 

Das Straßenbaudogma scheint in der DNA des Ministeriums angelegt. Die Spitzenbeamten dieser Behörde tun das, was sie immer getan haben, zusammen mit den Landesbehörden. Was über Jahrzehnte richtig war, kann doch wohl jetzt plötzlich nicht falsch sein.

 

 

 

Mir fällt eigentlich nur eine Erklärung ein, warum man in den Landes- und Bundesministerien so beharrlich den Straßenbau vorantreibt. Wachstum. Wenn man das Straßennetz nicht ausbaut, bremst es das Wirtschaftswachstum. Die Zunahme des Güterverkehrs ist gut für die Wirtschaft. Und was gut für die Wirtschaft ist, ist auch gut für die Menschen.

 

 

 

Das ist allerdings völliger Quatsch. Denn es geht ja um die Frage was wächst. Im Moment hätte voll kaum jemand etwas dagegen einzuwenden, wenn der Schienengüterverkehr zunimmt. Die Loks lassen sich ohne Problem mit Ökostrom betreiben. Auf der anderen Seite wird es schon schwer genug, den Straßengüterverkehr emissionsfrei zu entwickeln. Dessen permanente Zunahme macht die Minderungsziele unerreichbar.

 

 

 

 

Ich wüsste gerne, mit welcher Idee der liberale Verkehrsminister eine Strategie verfolgt, die in unfassbarer Manier die Freiheitsrechte der zukünftigen Generationen einschränkt.

 

 

Es hat mich gefreut, dass zumindest die Grünen in der Bundesregierung für ein Straßenbau Moratorium gekämpft haben. Denn Innehalten, das sollten wir und uns einmal fragen, wozu eigentlich? Wenn uns mehr Auto- und Lkw-Verkehr eher unglücklicher als zufriedener macht, warum sollten wir die Zerstörung der Landschaft vorantreiben?

 

p.s.: Ich habe schon einige Beiträge zum Straßenbau verfasst. Wie man liest, regt mich das immer wieder auf. Oder eher: Ich finde das manchmal ziemlich frustrierend.  Schreiben hilft etwas.