Am letzten Montag hat der Stadtrat von Osnabrück einen einstimmigen Beschluss zur Förderung des Radverkehrs gefasst. Der Grünen-Fraktionschef Volker Bajus sprach vom »Radwegfrieden von Osnabrück«.
Es gab wie immer, viele Fensterreden. Hier ist meine:
Sehr geehrte Damen und Herren!
Im Artikel 2 unserer Verfassung steht: »Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.« Wer jetzt sagt, Autofahren ist Privatsache, gibt sich einer großen Illusion hin.
Man kann sein Auto nicht nutzen, ohne die Freiheitsrechte anderer einzuschränken. Das gilt natürlich besonders für die Freiheitsrechte von Radfahrerinnen und Fußgängerinnen. Man muss nur einmal
den Radweg am Wall nutzen. Die Situation ist unerträglich. Niemand lässt seine Kinder hier fahren.
Wir beklagen zwei tote Radfahrer im Jahr. Und guckt man in den Stadtplan, der anzeigt, wo Radler verletzt wurden, dann sieht man eine mit Punkten übersäte Karte.
Redet mal mit den Menschen, die an einer stark befahrenen Straße, wie der Iburger, Sutthauser, Buersche, Rheiner Landstraße.
Wenn man dann noch bedenkt, welche Auswirkungen die Schadstoffemissionen besonders auf Kinder und ältere Menschen haben....da wird Freiheit genommen.
Ich finde auch, gerade als Arzt muss man diese Probleme mit großer Sorge betrachten. Tom Thiele zeigt immer wieder vorbildlich, wie man dem Hippokratischen Eid auch durch politisches Engagement
nachgehen kann.
Wer die Freiheitsrechte der Menschen bewahren möchte, kommt nicht um hin, die Städte menschenfreundlich zu gestalten.
Und eben dazu leistet diese Beschlussvorlage einen wichtigen Beitrag. Und es freut mich sehr, dass wir hier einer Meinung sind.
Was mich betrübt ist, dass immer wieder so getan wird, als sei es eine Frage von links oder rechts oder halt grüner Politik, wenn wir mehr Platz für Radfahrer schaffen. Ist es doch gar nicht!
80% der Bürgerinnen wollen weniger Autos in der Stadt. Das sollte doch Rückhalt genug sein für alle Fraktionen. Das ist der kollektive Wunsch. Individuell beißen die Leute ins Tischbein vor Wut,
wenn vor ihrem Haus ein Parkplatz verschwindet. Lieber Parkplätze, statt Bäume, alles schon erlebt.
Auch schlimm: Bürger beschweren sich über die gefährlich schnellen Radfahrer, auf dem Radschnellweg.
Es ist leider so, das ist wissenschaftlich erwiesen, je weniger ernsthafte Problem die Menschen haben, also mit zunehmender Sicherheit, da nimmt die Aufregung über Banalitäten und
Nebensächlichkeiten zu.
Wir Politiker dürfen uns von diesen mikrolokalen Widerständen nicht irritieren lassen. Persönliche Egoismen lassen sich nur gesellschaftlich überwinden. Eben durch Politik.
Jetzt steht in der Vorlage wieder drin »Parkplätze werden nach Möglichkeit erhalten«. Warum nur? Leute, wir lösen die Probleme Lärm, Schadstoffe, Tote und Verletzte und die klimatische
Selbstverbrennung nicht dadurch, dass wir die Parkplätze erhalten.
Niemand ändert seine Autoroutine, wenn sich in der Innenstadt alles wunderbar damit erledigen lässt. Niemand fängt an, in die Stadt zu radeln, oder den Bus zu nehmen, wenn es nicht zu gleich
schwieriger und teurer wird, einen Parkplatz zu finden.
Erneut: Diese fatalen Egoismen können wir nur überwinden, wenn wir politisch geschlossen handeln. Also, bitte nicht um jeden Parkstreifen kämpfen, diesen Platz benötigen wir an vielen Stellen für
breite und sichere Radwege.
So, und das Weitere darüber, warum welcher Punkt in diesem Beschluss besonders gut ist für Radler, erspare ich mir jetzt. Dass wissen wir doch alle. Oder: das machen vermutlich jetzt meine
Nachredner.