Geführte Radtour

Am letzten Wochenende war ich in Leipzig. Eine tolle Stadt! Hat mir sehr gut gefallen. Erstmals habe ich an einer geführte Radtour teilgenommen. Noch nie habe ich die markanten Punkte einer Stadt so gut kennengelernt. Zu Fuß kommt man über die Innenstadt kaum hinaus und aus einem Bus ist eher wenig zu sehen. Bevor Touristen richtig realisiert haben, was der Reiseführer gemeint hat, ist der Bus schon vorbei.

 

Auf dem Rad hingegen begegne ich den Menschen, die in der Stadt leben, verschaffe mir einen Bild von der Stimmung in der Stadt. Rasch führt die Fahrt durch verschiedene Quartiere, mit wechselnden Stimmungen. Atmosphäre wird spürbar. Nosing around, nannte das Stadtsoziologe Robert Park. Stadtplaner sollten nicht vom Schreibtisch planen, sondern in ihrer Stadt herumschnüffeln und ihre Planung nach den jeweils ortsspezifischen Stimmungen und Bedürfnisse ausrichten.


Es ist den Städten anzuraten, geführte Radtouren systematisch anzubieten. Am besten zu moderaten Preisen und inklusive Fahrrad. Denn selbst hartnäckige Automobilisten werden in einer fremden Stadt ihre Seele für das Leitbild einer menschengerechten Verkehrsentwicklung öffnen, wenn sie auf dem Fahrrad sitzen. In der neuen Umgebung sind sie auch eher bereit, ihre Routine zu ändern. Der Lebenswert einer Stadt wächst mit der Bedeutung des Radverkehrs. International ist zu beobachten, dass Beliebtheit einer Kommune zunimmt, wenn Fußgänger und Radler nach und nach besser behandelt werden.


Oft habe ich bei meinen Reisen ein Klapprad dabei. Es lässt sich ohne Probleme auch im ICE mitnehmen und vor Ort bin ich extrem flexibel. Immer kommt mir dann der Gedanke an mein anfängliches Gefühl der Freiheit. Mit einem Leihrad fuhr ich seinerzeit wie beflügelt durch Berlin. Ein ganz anderes Stadtgefühl. Man gehört dazu, zum Strom der Betriebsamkeit. Und alles war plötzlich so nah und schnell erreichbar. Bis dahin fiel mir gar nicht auf, wie viel Zeit selbst kurze Wege beansprucht hatten. Die Kombination von S-Bahn und Klapprad verschaffte mir einen echten Zeitgewinn.


Das gelingt natürlich auch ohne Klapprad. In Leipzig habe ich mir ein Rad von »Nextbike« geliehen. Vom Hotel aus habe ich dann eine kleine Radtour zur neuen Seenlandschaft gemacht. Ein Viertelstunde Fahrt durch viel Grün, direkt bis an den Strand. Keinesfalls wäre das mit Bus und Bahn oder mit dem Kraftwagen zu schaffen, noch dazu mit dieser Kombination aus Naturerlebnis und Sport. Gewiss, all das ist eine Frage der Haltung. Doch die kann sich ändern, wenn es die Strukturen tun. In diesem Fall einladende Radwege und Leihräder.